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Warum untersuchen wir Variation im (Zweit-)Sprachgebrauch und in der -entwicklung über das Rentenalter hinweg?
Während die Auswirkungen des Berufs auf die kognitiven Funktionen und der Zusammenhang zwischen Ruhestand und geistiger sowie körperlicher Gesundheit in den Sozial- und Verhaltenswissenschaften gut dokumentiert sind, gibt es in der Linguistik bisher keine Studien, die untersuchen, wie sich der Übergang in den Ruhestand auf die Sprachentwicklung und den Sprachgebrauch auswirkt. Das ist insofern bedauerlich, als davon auszugehen ist, dass sowohl allgemeine Sprachfähigkeiten als auch zusätzlicher Spracherwerb mit verbesserten kognitiven Fähigkeiten einhergehen (und vice versa).
Im Rahmen des VARIAGE-Projekts analysieren (1) ob der Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand mit raschen Entwicklungsphasen der L1 und einer L2 und kognitiven Funktionen korreliert (und wenn ja, wann genau); (2) inwieweit individuelle Unterschiede in den kognitiven, sozialen, emotionalen und motivationalen Ressourcen sowie in der Beherrschung der L1 (Schweizer Standarddeutsch) mit der L2-Entwicklung beim Übergang von der Arbeitswelt in den Ruhestand zusammenhängen; und (3) wie individuelle Unterschiede der Spracheinstellungen, der Verortung im sprachlichen Markt und sozialen Netzwerken, der Geschlechter, in der Bildung und in kognitiven Tests mit der L1-Entwicklung im gesprochenen Schweizer Standarddeutsch während des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand zusammenhängen.
Wie erforschen wir Variation im (Zweit-)Sprachgebrauch und in der -entwicklung über das Rentenalter hinweg?
Um Dis-/Kontinuitätsmuster des gesamten sprachlichen Spektrums über die Phase des Eintritts in den Ruhestand hinweg sowie Dynamiken innerhalb und zwischen den Teilnehmern zu identifizieren, ist VARIAGE als beobachtende Mikroentwicklungsstudie mit 50 älteren L2-Englischlernern in der Schweiz konzipiert, die jeweils in 30 aufeinanderfolgenden Zeitpunkten vor und nach dem Ruhestand über einen Zeitraum von 24 Monaten beobachtet werden. Die Probanden*innen werden alle zwei Wochen zu einer Reihe von L1- (Schweizerdeutsch und gesprochenes Schweizer Standarddeutsch), L2- (Englisch), kognitiven, sozio-affektiven und kontextuellen Parametern getestet. Ziel ist es, Aktivitäten vor und nach dem Ruhestand, kritische Lebensereignisse sowie emotionale, kognitive, sprachliche und motivationale Ressourcen zu identifizieren, die die Auswirkungen des Ruhestands auf den Spracherwerb und die Variation im L1/L2-Gebrauch vermitteln und dazu beitragen, inter- und intraindividuelle Sprecherunterschiede zu erklären.
Aus methodischer Sicht schlägt diese Studie eine neue Richtung der longitudinalen L2-Erwerbs- und Entwicklungsforschung ein (Gruppenstudien auf der Grundlage intensiver Daten), die sie mit einer innovativen Kombination aus generalized additive mixed modeling, time-series cluster analysis und qualitativen Inhaltsanalysen angeht. Die Studie zeigt auf, wie, wann und in welchem Ausmaß sich der Ruhestand auf das Erlernen der L2 und die Verwendung der L1 auswirkt. Darüber hinaus bringt die Studie Spracherwerbs- und soziolinguistische Theorien weiter, indem sie unser Verständnis individueller Unterschiede verbessert.
Projekt Zeitverlauf
Rekrutierung von Teilnehmenden & Vorbereitungen
März 2023 - August 2023
In dieser Phase liegt der Fokus darauf, die richtigen Teilnehmer zu finden und Lehrende und Forschende auf die Datenerhebungsphase vorzubereiten.
Daten
Erhebung
September 2023 - September 2025
Während der zwei Jahre nehmen die Teilnehmer am Sprachkurs teil. Darüber hinaus sammeln wir kontinuierlich Daten über ihr Sprachenlernen durch verschiedene Tests.
Daten
Auswertung
Dezember 2023 - Februar 2028
Die Verarbeitung von Daten ist ein kontinuierlicher und zeitintensiver Prozess. Diese Phase beginnt also mit der Auswertung der ersten Tests und endet, wenn die Daten gründlich analysiert und aufbereitet sind.
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